Leute, die revolutionäre Ansprüche erheben gelten als Träumer. Aber der Mensch ist aus dem Stoff gemacht, aus dem seine Träume sind. Wir sind Revolutionäre. Os Cangaceiros heisst: « alles ist möglich », « wir sind im Krieg », « nichts ist wahr, alles ist erlaubt ». Wir sind zahlreich, im Bezug auf die vorherrschende Atomisierung. Wir haben viele Verbündete überall auf der Welt.
Unser Programm ist sehr alt: ohne tote Zeit zu leben. Wir beabsichtigen natürlich ihm seine Publizität durch den Skandal zu sichern. Unsere Existenz selbst ist bereits ein Skandal… Im sozialen Krieg kann nichts außer Acht gelassen werden.
« Notes éditoriales »,
Os Cangaceiros nr. 2, November 85
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Einleitung zur deutschen Übersetzung
Dieses Pamphlet wurde aus dem Englischen übersetzt, aus der Motivation heraus, dass sofern mir bekannt weder Originalliteratur von oder andere Texte zu den Totengräbern in deutscher Sprache bestehen. Vor allem die Texte von Os Cangaceiros selbst können einen wichtigen Beitrag zum Diskurs innerhalb der anarchistischen Milieus geben, da sie sehr bestimmt jeglicher offiziellen Struktur und jeder Organisation absagen und der Politik bzw. Gesellschaft den Kampf ansagen. Os Canagceiros haben sich nicht als Anarchisten bezeichnet und jeglichem politischen Couleur abgeschworen, in ihren Aktionen und Texten können sich aber durchaus viele Anarchisten erkennen. Sie folgten einem Bedürfnis der Aufständigkeit und Delinquenz, basierend auf ihren individuellen Erfahrungen und ließen sich weder durch politische Bildung, moralische Dogmen oder andere Ideologien beeinflussen. Ihr Kampf gegen das Gefängnis, inspiriert durch eben jene Erfahrungen, war vielfältig und angreifend und machte sie so innerhalb von einigen Jahren zum öffentlichen inneren Feind des französischen Staates.
Der erste Teil dieses Pamphlets besteht aus einem kurzen enzyklopädischen Beitrag zur Entstehung und Entwicklung von Os Cangaceiros, sowie einer Chronologie und Exzerpten ihres Kampfes gegen das Gefängnis.(1)
Der zweite Teil enthält einige kurze einleitende Absätze und einen reflektorischen Kommentar (2) aus dem Jahr 1995 von Leopold Roc, einem Protagonisten der Totengräber. Wie Roc selbst anmerkt kann dieser nicht als stellvertretend für die restlichen Protagonisten von Os Canagceiros angesehen werden und auch ich teile seine Analysen nicht vollständig. Dennoch ist dieser Beitrag interessant, vor allem weil er Diskussionen aufwirft, insbesondere wenn man sich mit den Texten die von der Gruppe selbst aus den Jahren ihrer Aktivität stammen auseinandersetzt und aus diesem Grund wird er hier publiziert. Wie bereits erwähnt bestehen diese leider nicht in deutscher Sprache (dies ist ein zukünftiger Ansporn für mich selbst und vielleicht auch für andere), ich will dennoch jedem zwei Publikationen zu den Totengräbern nahe legen: Os Canagceiros – A Crime Called Freedom (Englisch, übersetzt aus dem Italienischen durch Wolfi Landstreicher – Eberhardt Press) und Os Cangaceiros [Janvier 1985 – juin 1987] (Französisch, gesammelte Texte und Artikel von und über O.C.(3))
Ich will abschließend noch zwei kurze Anmerkungen zum „Stil“ der Übersetzung machen, die zum besseren Verständnis der verwendeten Form beitragen und zur Diskussion anregen sollen.
Zum ersten habe ich der Verwendung von geschlechtsneutralen Formen keine Aufmerksamkeit geschenkt. Ich finde es, in erster Instanz, aus eigener Erfahrung heraus mühsam solche Texte zu lesen, das sei eine sehr praktische und einfache Erklärung, wodurch sie aber für mich nicht an Wichtigkeit verliert. Dies war auch der Anstoß zu einer etwas tiefergehenden Überlegung. Diesem, meines Erachtens, oberflächlichen Detail wird auch innerhalb anarchistischer Milieus (ganz zu schweigen von der alles vereinnahmenden linken Intelligenzia) zuviel Aufmerksamkeit geschenkt. Die Illusion, dass durch das Verändern und Adaptieren der Sprache die oft ersehnte Emanzipation vielleicht ein Stückchen realer wird, passt nur zu gut zur scheinbar intellektuellen Fassade, hinter der sich die Politisch-Korrekte versteckt, um die essentiellen Fragen des revolutionären Projekts zu negieren. Eben jene Fassade ist eine filigrane Konstruktion basierend auf den neuen Regeln und Dogmen der Politisch-Korrekten und ihrer Subkultur. Dahinter befindet sich keine Substanz sondern die Realität der Welt, in der wir leben, die sich in Tristesse und Leere widerspiegelt. Dessen müssen wir uns bewusst werden, um mit aller Ernsthaftigkeit die Gesellschaft und jenes Fundament der Macht und Unterdrückung, das ihr Zugrunde liegt, anzugreifen und letztendlich niederzureißen. Wir sollten deshalb danach streben, uns nicht mit partikulären Kämpfen und Zielen bzw. jeglicher pazifizierender Illusion zufrieden zu geben.
Zum zweiten verwende ich in dieser Übersetzung das Wort Kamerade(n) als direkte Übersetzung des englischen Wortes comrade(s). Leider gibt es im Deutschen kein anderes Wort, das der Bedeutung und des Gefühls dieses entspricht. Viele Alternativen wurden ausprobiert, Gefährten, Kumpanen, Genossen, etc., jedoch vermisse ich in diesen Ausdrücken ein gewisses Gefühl, das meine Bedeutung dafür ausdrückt. Mit der braunen Kameraderie hat dies gar nichts zu tun und mit der Deutlichkeit dieser Aussage will ich mich auch nicht auf eine tiefergehende Erklärung diesbetreffend einlassen.
Mokum, Sommer 2010
(1) von http://eng.anarchopedia.org/os_cangaceiros
(2) beides zu finden auf http://www.revoltagainstplenty.com/index.php/archive/16-archive-global/58-os-cangaceiros
(3) zum Download in Pdf-Format auf: http://basseintensite.internetdown.org
Die vernebelte Spur von Os Cangaceiros durch die soziale Pampa
„Wenn wir die Banken plündern, dann deshalb weil wir erkannt haben, dass das Geld der Hauptgrund unser aller Elends ist. Wenn wir die Fenster einschlagen, dann nicht weil das Leben teuer ist, sondern weil die Waren uns davon abhalten, um jeden Preis zu leben. Wenn wir die Maschinen zerstören, dann nicht aus dem Wunsch die Arbeit zu beschützen, sondern um die Lohnsklaverei anzugreifen. Wenn wir die Polizei angreifen, dann nicht um sie aus unseren Vierteln zu jagen, sondern um sie aus unseren Leben zu vertreiben. Das Spektakel würde uns gerne fürchterlich aussehen lassen. Wir versuchen viel schlimmer zu sein.“
Die Totengräber, Paris, Mai 1980
Der Mai wird zu Neujahr
Os Cangaceiros war eine Gruppe von proletarischen Revolutionären, die aus den Studenten- bzw. Arbeiterunruhen und Besetzungen im Frankreich des Mai 1968 hervorging. Os Cangaceiros – oder Les Fossoyeurs du vieux monde (Totengräber der alten Welt), wie sie auch genannt wurden – kamen in Nice, Frankreich, zusammen und waren charakteristisch für die neuen antagonistischen Sozialbewegungen des Europas nach dem Mai `68, die nichts weniger als das „Ende der Politik“ forderten. In Lokalzeitungen wurden sie als „Hooligans“ und „jugendliche Delinquenten“ bezeichnet. Sie hatten keine offizielle Struktur, sondern bildeten ein Kollektiv aus individuellen Begierden, fähig sich in gegenseitigem Ausdruck zu finden. Mit „Ne travaillez, jamais!“(1) als Programm, machten sie sich daran jene Umstände zu schaffen, die dies sofort möglich machen würden. Zu diesem Zweck kollektivierten sie ihre Ressourcen und kriminellen Begabungen, die ihnen durch ihr Verlangen nach Abenteuer vertraut waren. Sie reisten durch den Süden Frankreichs, gewannen Freunde und initiierten autonom politische Aktionen; meistens gegen die Polizei, die Gewerkschaftsbürokratie, Politiker und soziale Manager aller Art. Sie lebten nomadisch, strebten danach Orte zu finden, wo die Unzufriedenheit ihren Höhepunkt erreichte und bereisten diese, um Situationen dort im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu verschärfen. Insbesondere versuchten sie die Rolle der liberalen, sozialen Demokraten und Linken beim Manipulieren und Befrieden von jenen aufzuzeigen, die zu ihrem eigenen Nutzen revoltierten, indem sie die Bestimmung des Kampfes aus den Händen der generalisierten Radikalität nahmen, die ihre eigene Dynamik hatte.
„Wir wollen ein für allemal klar machen, dass wir, Os Cangaceiros, nicht aus der Linken kommen; es gibt keinen einzigen ehemaligen Linken unter uns. Keiner von uns hatte jemals etwas mit irgendeiner politischen Couleur zu tun. Wir haben nur eine Art der Beziehung zu politischen Gruppen und Organisationen: Krieg. Sie sind alle ausnahmslos unsere Feinde.“
Dies beinhaltete auch den Anarchismus und ihre Kämpfe mit Anarchisten in Paris, welche zumindest zu einem Todesopfer führten.
Jenseits von Frankreich
In den späten 1970er Jahren reisten sie ausführlich in Italien, wo die Autonomia ihren ersten Höhepunkt erreichte und der revolutionäre Moment die Fabriken und die Jugend der Kontrolle der Kommunistischen Partei und der Gewerkschaften entriss. Dort begegneten sie auch Comontismo, der sich für einen „kriminellen Kampf gegen das Kapital“ aussprach und erlebten aus erster Hand den gewalttätigen Angriff der italienischen Unkontrollierbaren auf den Staat. Da ihre Handlungsmethoden sie häufig in die Illegalität und manchmal auch ins Gefängnis brachten, begriffen sie dessen Bedeutung und richteten ihre Aufmerksamkeit später fühlbarer auf das System von Verbrechen und Strafe. In den 80er Jahren folgten O.C. Aufruhren im ganzen Land bzw. auf dem ganzen Kontinent, verbreiteten Subversion und bildeten soziale Netzwerke in Paris, Lyon, Belgien, Polen, Brixton und Toxteth. Der Reiz, der sie zu diesen Orten zog war unterschiedlich; in Lyon war es der Nervenkitzel des Joyriding und das Auflauern und Angreifen von verfolgenden Polizeiautos durch eine mit Steinen wartenden Menge. In Polen waren es die wilden Streiks und Besetzungen gegen die kommunistische Regierung. In Brixton und Toxteth war es die Explosion der Innenstadtjugend gegen die Langeweile und die Polizeirepression. An jedem dieser Orte führten sie ihre eigenen Aktionen als Beitrag zum Kampf durch, ohne die lokalen Teilnehmer in welcher Weise auch immer zu beeinflussen. In ihrem damaligen Journal, welches keine politische Veröffentlichung, sondern eher eine Zusammenfassung ihrer Aktivitäten und Reflektionen darauf war, behandelten sie Fragen wie zum Bedürfnis an Unsichtbarkeit (und der konsequenten Ablehnung des politischen Milieus, welches die Aufmerksamkeit der Polizei wegen seiner eigenen Eitelkeit geradezu herausfordert) sowie Strategien zur Untergrabung der alten Welt des Kapitalismus mit all seinen Neuigkeiten und Lügen. Im Jahr 1984 gingen O.C. nach England, um dort zusammen mit den Grubenarbeitern ihre eigenen Steine zu werfen und hielten sich ein Jahr lang in verschiedensten Städten in Yorkshire auf; dies war der letzte Kampf der traditionellen Arbeiterklassenbewegung in Großbritannien, dem letzten Land, das dem europäischen Model folgte. Danach kehrten sie nach Paris zurück (zusammen mit mehreren befreundeten Grubenarbeitern) und begannen Häuser zu besetzen.
„Lasst unsere Kerkermeister keine Herrschaft walten, lasst uns jeden Tag auf das Herz des Tigers einschlagen, in jeglicher Manier, nach unserem Gegensatz, gegen die Traurigkeit und Einsamkeit der Zellen unserer Gefangenschaft.“
Vorübergehende Ruhe
Während andere Hausbesetzer versuchten umweltschutzbezogene oder architektonische Argumente zu verwenden, um die Besetzung von leerstehenden, zerfallenen Gebäuden zu rechtfertigen, entschieden sich Os Cangaceiros die besten Gebäude die sie fanden zu nehmen – sie sahen das Häuserbesetzen als direkte Enteignung des materiellen Luxus auf den wir alle ein Anrecht haben, da jeder einzelne von uns ein Leben lang durch die Illusion des materiellen Reichtums aufgereizt wurde. O.C. wollten genau diese Lüge erkennen und ausschöpfen, zu diesem Zweck zogen sie in einen neu gebauten Appartementblock ein und warfen die sich beschwerenden Yuppiebewohner hinaus. Das eingenommene Gebäude wurde dann gegen einen Polizeiangriff verbarrikadiert und sie errichteten eine No-Go Zone für die Polizei in ihrem Viertel. Als die Polizei letztendlich kam, um sie zu räumen, dauerte es drei Stunden bis diese durch die Stahlbarrikaden an der Tür kam, währenddessen ein, per Telefon informiertes, Netzwerk an Unterstützern die Polizei in einem Gegenangriff von hinten attackierte. In den späten 1980er Jahren schlugen O.C. einen neuen Weg ein und begannen ihre Bemühungen gegen die Gefängnisindustrie zu richten. In den nächsten drei Jahren führten sie mehrere Sabotageakte gegen in Bau befindliche Gefängnisse durch, stahlen Baupläne für neue Gefängnisse, verprügelten Architekten, die in die Planung dieser neuen Gulags involviert waren und zogen Aufmerksamkeit auf den Widerstand, der auch innerhalb der Mauern stark zunahm. Der Kampf gegen diesen Industriekomplex zwang O.C. ihr Journal aufzulösen und vollständig unterzutauchen, nachdem sie nun massiv von der Polizei verfolgt wurden. Als eine ihrer letzten Aktionen (bevor sie sich vollständig in inoffiziellen, kriminellen Netzwerken auflösten, die sie über die letzten 20 Jahre hin erschaffen hatten) veröffentlichten sie ein Buch über die Bewegung des freien Geistes des 16. Jahrhunderts, eine proto-anarchistische Strömung, mit der sie sich stark identifizierten.
„In der Morgenröte des Industrialismus wurden Fabriken nach dem Muster von Gefängnissen gebaut. In dessen Dämmerung werden nun Gefängnisse nach dem Abbild von Fabriken gebaut.“
Zähne und Klauen
Im Mai 1985 brachen in ganz Frankreich Krawalle in den Gefängnissen aus. In Solidarität griffen Os Cangaceiros verschiedene Ziele an, von Eisenbahnschienen bis Tour de France Autos, basierend auf ihrem eigenen Hass gegen Gefängnisse und nicht als außenstehende Befreier, um den Widerstand der Gefangenen publik zu machen.
— 5. Mai, 1985 – In Fleury-Mérogis randalieren die Gefangenen des D4 Flügels und zerstören den gesamten Trakt.
— 6. Mai – Abermals in Fleury weigern sich 300 Inhaftierte des D1 Flügels nach ihrem Hofgang zurückzukehren; 60 von ihnen zünden die Krankenabteilung an.
— 7. Mai – In Bois d’Arc klettern ca. 15 Jugendhäftlinge (Insassen jünger als 18 Jahre, die normalerweise in separaten Abteilungen gehalten werden) auf das Dach und bleiben dort bis zum 9. Mai unterstützt und versorgt durch die anderen Gefangenen.
— 8. Mai – In Lille klettern ungefähr zehn Gefangene auf das Dach. In Bastia verweigern Insassen das Gefängnisessen in Solidarität mit den anderen Gefangenen. (Die „Verweigerung von Gefängnisessen“ ist nicht wirklich mit einem Hungerstreik zu vergleichen, dennoch kann es ein Weg sein diesen auszuführen.)
— 9. Mai – In Fresnes klettern 400 Insassen auf die Dächer und liefern sich Zusammenstöße mit der Polizei, die dabei einen Gefangenen tötet. In Compiegne, klettern ca. zehn Gefangene, denen der „Morgenschicht“ folgend, auf die Dächer. Im Bonne Nouvelle Gefängnis in Rouen, klettern ca. 50 Jugendhäftlinge auf die Dächer, während andere Gefangene ihre Zellen zerstören; nach angeblichen Verhandlungen kletterten ca. 30 zurück auf das Dach in Solidarität mit den Kameraden in Fresnes.
— 10. Mai – Vom 9. bis zum 10. Mai gehen Gefangene auf die Dächer in Douai. Es gibt einen kurzen Zusammenstoss mit der CRS (Französische Bereitschaftspolizei). In Amiens klettern ungefähr 50 Gefangene auf die Dächer. In Nizza schließen sich 60 Gefangene mit ca. 20 Jugendhäftlingen während eines Zusammenstoßes mit der Polizei auf den Dächern zusammen. In Beziers nehmen 130 Gefangene drei Wächter und einen Krankenpfleger für drei Stunden als Geisel.
— 11. Mai – In Evreux, Saintes und Coutances, klettern Gefangene auf die Dächer und bekämpfen sich mit der Polizei. Dasselbe passiert am nächsten Tag in St. Brieuc.
— 19. Mai – Gefangene zerstören das gesamte Gefängnis von Montpellier (Brandstiftung und Verwüstungen) und liefern sich Kämpfe mit der Polizei. Draußen greift die Menge, bestehend aus Freunden und Verwandten der Gefangenen, die Polizei von hinten an.
Darüber hinaus brechen in verschiedensten Gefängnissen Unruhen aus, von der Verwüstung von Zellen und versuchter Brandstiftung (in Rennes, Angers, Metz, etc.) bis zur kollektiven Verweigerung von Gefängnisessen (Lyon, Frauen und Männer in Fleury, Ajaccio, Auxerres, St. Malo, Avignon, Chambery, etc.). In dieser Zeit finden mehrere „Selbstmorde“ statt. Die Rebellen in Douai und Evreux erhalten harte Strafen unter dem Vorwand der verursachten Schäden.
— 17. Juni – Auf der Eisenbahnstrecke Nantes-Paris nahe Nantes wird eine Barrikade in Solidarität mit den Gefängnisrevolten in Brand gesteckt.
— 20. Juni – Sabotage an den TGV (Schnellzug) Anlagen der Eisenbahngleise im Süden von Paris.
— 27. Juni – Auf der Eisenbahnstrecke Toulouse-Paris nahe Toulouse wird eine Barrikade in Brand gesteckt.
— 30. Juni – In der Nacht von 30. Juni auf 1. Juli wird der Druck der Pariser Tageszeitung lahm gelegt durch Sabotage der IPLO Druckerei nahe Nantes.
„Wir haben uns dazu entschlossen der nationalen Presse einen halben Tag der Stille aufzuerlegen zu Ehren der rebellierenden Knastbrüder. Diese Aktion ist weiters in Solidarität mit all den toten Gefangenen, die „ge-selbst-mordet“ wurden. Alle diese Zeitungen sind bekannt für ihre Feindseligkeit gegen die jüngste Bewegung der Revolten in den Gefängnissen.“
— 1. Juli – Sabotage an den Eisenbahnanlagen der Nimes-Tarascon Strecke.
Jedes Mal verursachten diese Aktionen längere Unterbrechungen im Zugverkehr und stundenlange Verspätungen der täglichen Züge. Die Forderungen waren immer die gleichen:
„Eine Reduktion der Strafen für alle verurteilten Gefangenen. Die Freilassung von allen, auf den Prozess wartenden, Inhaftierten. Das endgültige Stoppen von allen Abschiebemaßnahmen gegen Immigranten. Die Aufhebung aller Sanktionen gegen die Rebellierenden.“
— 2. Juli – Der Paris-Brüssel TEE-Zug wird nahe Compiegne gestoppt. Die vier Forderungen werden auf die Wagons gesprayt. Fenster werden eingeschlagen und Exemplare des Pamphlets „Freiheit ist das Verbrechen“ werden durch die zerstörten Fenster geworfen.
— 5. Juli – Sabotage an der Paris-Le Havre Linie. Vier Personen werden zwei Tage später in Rouen in Verbindung mit dieser Aktion verhaftet und für drei Monate eingesperrt.
— 8. Juli – Von 7. bis 8. Juli klettern in Chaumont Gefangene auf die Dächer, um ihre Sorgen angesichts der anstehenden präsidialen Amnestie am 14. Juli (Tag der Stürmung der Bastille) zu demonstrieren, welche verspricht sehr dürftig zu werden. Es kommt zu Konflikten mit der Polizei. Vier der Rebellen erhalten schwere Strafen.
— 9. Juli – Ein anonymer Sabotageakt wird gegen die Paris-Strassburg Linie, die nahe Chaumont entlang läuft, ausgeführt.
— 12. Juli – Am frühen Morgen werden in Paris zwei Metrolinien mehrere Stunden lang durch schwere Objekte blockiert, die in Solidarität mit den Rouen 4 und den Rebellen von Chaumont auf die Gleise geworfen wurden. Wieder wurden die vier Forderungen publik gemacht.
— 13. Juli – In Lyon werden zwei Autos der Behörden in Solidarität mit den Gefangenen in Lyon in Brand gesteckt. Bevor noch ein Bekennerschreiben veröffentlicht wird, entflammen erneut zahlreiche Unruhen in verschiedensten Gefängnissen (Fleury, Loos-les Lille, Toul, etc.).
— 14. Juli – Im St. Paul Gefängnis von Lyon rebellieren ca. 20 Gefangene der „psychiatrischen“ Abteilung (Verwüstungen und Brandstiftungen). Die lächerliche präsidiale Amnestie wird angekündigt: ein bis zwei Monate Reduzierung der kurzen Haftstrafen. Die JAP (Komitee der Strafvollzugsrichter) wird ihr Arbeitspensum ausweiten: 3000-4000 Gefangene sollen in den nächsten Tagen freigelassen werden. Diese Neuigkeit soll von zahlreichen Unruhen in den Gefängnissen des Landes begleitet werden.
— 15. Juli – In der Nacht von 14. auf 15. Juli werden die Reifen des Konvois, der die Tour de France begleitet, in Solidarität mit den verurteilten Rebellen aufgeschlitzt (ungefähr 100 Fahrzeuge werden unbrauchbar gemacht).
In Toulouse wird ein Unternehmen, welches Gefangene beschäftigt, durch Brandstiftung zerstört.
— 18. August – In Lille klettern dutzende Gefangene auf die Dächer. In Lyon wird die ROP Druckerei der Pariser Tageszeitungen verwüstet. Die Publikation und die Distribution werden schwer beeinträchtigt. Erneut war es das Ziel die Zeitungen für ihre Lügen und Feindseligkeit gegen die Rebellen zu züchtigen. Der Text „Die Wahrheit über einige Aktionen“ wurde in den Räumlichkeiten zurückgelassen. Während Unruhen in Guadalupe können ca. 30 Gefangene nach Ausschreitungen im Gefängnis Pointe-à-Pitre ausbrechen.
„Die Forderungen vereinigen die Offensive der Gefangenen gegen ihre Isolation und einen Aufruf an jene außerhalb der Mauern, um diese konkret zu zerstören. Es geht darum Druck zu erzeugen, um sich gegen diese Gesellschaft zu behaupten, auf eine Welt zu scheißen, die lieber taub wäre, wenn es um ihre Gefängnisse geht.“
13.000 Projekt
Im Jahr 1990 begann ein umfangreiches Dossier in Frankreich zu kursieren. Das von Os Cangaceiros in Umlauf gebrachte Dossier enthielt sowohl gestohlene Gefängnispläne und -dokumente als auch eine Chronologie, welche die Sabotagekampagne von O.C. gegen das „13.000 Projekt“ umschrieb. Dieses Projekt beinhaltete den Plan des französischen Staats um neue Hochsicherheits-Gefängnisse mit Platz für 13.000 Gefangene zu schaffen. Weiters beinhaltete die Akte Kopien der Communiques, die an jene von O.C. angegriffenen Institutionen und Personen gesendet wurden. Interessanterweise versuchten die Polizei und die angegriffenen Betriebe sehr diskret mit dieser Kampagne umzugehen, offensichtlich um ihr so wenig wie möglich Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu geben.
Brief an einen Architekten
„Betrifft: Hinterhalt
Sind Deine Wunden gut geheilt, Architekt? Hast Du herausgefunden warum? Unverschämt, ohne jeglichen Skrupel, Zentimeter für Zentimeter hast Du diese Käfige erschaffen, in denen sogar die Behinderten eingesperrt werden sollen. Innerhalb der Mauern, die Du entworfen hast, werden in Zukunft Individuen, die mehr wert sind als Du, regelmäßig verprügelt werden. Die Zeit war reif, dass Du einen Appetitanreger von dem erhalten hast, was tausende Gefangene bis zum xten Grade ertragen werden müssen. Architekt, dies ist nämlich nicht die erste Niederträchtlichkeit für die Dein Betrieb verantwortlich ist. Wenn man betrachtet, was Du baust, um normale Bürger unterzubringen, kann man Deine Kompetenz um Delinquenten wegzusperren erahnen. Man kann leicht von den Hochhausblöcken des 13. Arrondissements auf die Gefängniszellen schließen. Du Schwein, schau Dir Deine Schnauze gut an, wir konnten von Deinem erschöpften Gesicht ablesen, wie tief Du selbst in Deine Projekte verwickelt bist. Zuerst hast Du Mauern gebaut, nun wirst Du diese einreißen.“
Os Cangaceiros, Lyon, 19. März 1990
(1) „Ne travaillez, jamais!“ frei übersetzt als „Arbeitet niemals!“ war ein Leitspruch der Bewegungen um den Pariser Mai 1968. Anm. d. Ü.
Os Cangaceiros in der sozialen Pampa
Eine kurze einleitende Erklärung…
In den 1980er und frühen 1990er Jahren waren wir mit einigen der Personen befreundet, welche die französische Gruppe Os Cangaceiros bildeten, die aus Les Fossoyeurs du Vieux Monde (Die Totengräber der alten Welt) entstanden war. Die originalen Cangaceiros waren Robin Hood-artige Banditen – die Reichen berauben um den Armen zu geben – im Brasilien des 19. Jahrhunderts. Die neu gegründete Frog–Gruppe (1) (wie wir sie mit einer Brise übertriebenen Chauvinismus nannten) war nach Großbritannien gekommen, begeistert von der Periode der urbanen Krawalle in den frühen 80er Jahren und den Überschneidungen mit den erbitterten Streiks, besonders die der Grubenarbeiter zwischen 1984 und 1985, zu welchen die Froggies ihre eigenen Zutaten hinzufügten. Sie freundeten sich mit einigen der wildesten, eigensinnigsten und bemerkenswertesten Individuen der Grubenarbeitergemeinschaft in Yorkshire an und versuchten so dauerhaftere internationale Verknüpfungen zu schaffen. In der Hoffnung, dass sich bei der steigenden Verelendung in den 80er Jahren und dem Unglück auch ein Silberstreif am Horizont abzeichnete, vielleicht sogar ein Regenbogen in der Form eines interethnischen Zusammenkommens in Großbritannien in der Dämmerung der 1980er Jahre, ausgedrückt durch offene Revolte. Leider wollte es nicht sein, da der Zuspruch von wenig auf noch weniger umschlug und letztendlich fast gänzlich verschwunden war.
Manche meinten, dass die Kangaroos, wie sie unvermeidlich von uns in Großbritannien genannt wurden – um uns wiederum hinter einem filmreifen Chauvinismus zu verstecken – Gewalt der Gewalt wegen fetischisierten und unkritisch jede Art von individuellem Hooliganismus unterstützen, was keiner von uns einfach so tun konnte. Besonders nicht nach der Tragödie im Heysel Stadion von Brüssel, als 1985 bei einer Massenpanik während eines UEFA-Cup Spiels, hervorgerufen durch Zusammenstöße zwischen der Polizei und englischen (Liverpool) bzw. italienischen (Juventus) Fußballfans, viele Menschen starben. Man könnte meinen – und darauf wurde damals auch von einigen Leuten hingewiesen – dass es um mehr gehen könnte bei den „linken“ Liverpool-Fans in ihren roten Heimdressen gegen die italienischen „Faschisten“, aber das würde wohl zu weit gehen.
Andererseits verbreiteten die Kangaroos das Beispiel der Autonomie, der spanischen Dockarbeiterorganisation Coordinadora entsprungen, bevor auch diese entartete, in dem sie Pamphlets von BM Blob distributierten: „International Dockers struggle in the Eighties“ (Internationaler Kampf der Dockarbeiter in den Achtzigern) wurde in ganz Yorkshire verteilt und durch ihre freundliche Veranlagung ergaben sich andauernde Freundschaften.(2) Darüber hinaus haben die Kanagaroos einige interessante Texte, vor allem die besten in französischer Sprache, über den Streik der Grubenarbeiter verfasst, welche ein sehr überzeugendes „ich war dabei“ Gefühl vermitteln.(3)
Zur gleichen Zeit begannen Os Cangaceiros zu Hause in Frankreich in verschiedene Arten der direkten Aktion involviert zu sein, speziell in Zusammenhang mit den Kämpfen der Gefangenen, indem sie eine Reihe von einfallsreichen Aktionen initiierten. Der folgende Text bezieht sich auf eine dieser Interventionen unter vielen und geht sensibel und intelligent mit den Problemen um, die einem sozial ausgeschlossenen Grüppchen innewohnen, welches in die Offensive gegangen ist und dadurch den Hass des Establishments auf die eigene, klandestine Existenz gezogen hat. Insbesondere relevant sind die Fragen des wie, warum und wofür, neben anderen unvorhersehbaren Schwierigkeiten in Bezug auf die Publicity-Maschine der Medien; wie sie einen benützen und vor allem wie man ihren modus operandi umstürzen kann und somit die Medienleute dazu bringt, sein eigenes Spiel zu spielen und nicht ihres. Einiges davon ist scharfsinnig und man kann die aus reiner Erfahrung erzählende Stimme hören. Dies ist sicher ein wertvolles Beispiel für jene, die ähnliche Wege beschreiten oder selbst dort waren.
(1) Als Froggies oder Frogs werden Franzosen in Großbritannien etwas abwertend bezeichnet, Anm. d. Ü
(2) siehe „Jenny Tells her Tale“, Kommentar der Frau eines Grubenarbeiters auf www.revoltagainstplenty.com
(3) Ein weiterer faszinierender, oft tiefgehender, bewegender autobiographischer Bericht ist „N’Drea“ von einer Kameradin, die in sehr jungen Jahren an Krebs starb. Es ist bis dato eine der besten Kritiken am modernen Krankenhaus, in Bezug auf tödliche Krankheiten (Herausgegeben von Peligan Press, Here & Now Collective Leeds, übersetzt von Don Smith. Das Buch ist auf Grund der limitierten Auflage leider nicht mehr erhältlich, vielleicht aber durch Peligan Press im Internet veröffentlicht).
Die vernebelte Spur von Os Cancaceiros durch die soziale Pampa
Zwischen 1985 und 1990 erlangte die Gruppe „Os Cangaceiros“ durch einige durchschlagende Aktionen in Frankreich einen gewissen Ruf; jetzt, da Os Cangaceiros der Vergangenheit angehören, sind es wahrscheinlich diese Aktionen, die es wert sind daran zu erinnern oder eher noch die Lektionen und Kritiken, welche man daraus ziehen kann. Die folgenden Anmerkungen versuchen dennoch weder Bewunderung noch Verachtung zu erregen: Ich denke, dass sie nützlich sein können für andere, die sich auf einen ähnlichen praktischen Dissens einlassen wollen.(1) Die verschiedenen Sabotageakte, die wir ausführten, waren die Erklärung, dass eine handvoll entschlossener Leute sich etwas effizienterem hingeben können als dem gewohnten Flugblatt/Pamphlet-Verteilen, wenn es darum geht Solidarität oder Unzufriedenheit auszudrücken. Im Jahr 1985 war es die Idee, die Forderungen der damals revoltierenden Gefangenen, durch die Störung des Schienenverkehrs im großen Rahmen, weiterzuleiten. Das Blockieren von Autobahnen und Eisenbahnlinien hat eine lange Tradition im französischen Arbeiterkampf und durch das Anwenden dieser Mittel wollten wir verdeutlichen, dass die Revolte eines Gefangenen ein legitimer sozialer Kampf ist wie jeder andere: genauso wie Arbeiter für eine Lohnerhöhung streiken, revoltieren Gefangene für die Reduzierung der Strafen (und bei beiden steht natürlich mehr auf dem Spiel als die ausgedrückten Forderungen). Selbstverständlich erkannten dies die Medien und der Staat nicht an und wetterten gegen die von Kriminellen unterstützten Terroristen (oder umgekehrt). Trotzdem wurde diese Art Solidarität zu zeigen gut von den Menschen innerhalb der Gefängnismauern aufgenommen und auch von jenen draußen. Im Zuge der Berichte über unsere Aktionen musste die Presse auch die Forderungen der Gefangenen erwähnen und erlaubte so die weitere Verbreitung eben jener Forderungen. Es muss auch hinzugefügt werden, dass die vier wegen dieser Aktionen angeklagten Personen, trotz der irren Beschuldigung des Terrorismus, letztendlich sehr milde Strafen bekamen, dank einer lokalen Verteidigungskampagne, die in Bezug auf die „Terroristen“-Frage die entgegengesetzte Richtung einschlug.
Obwohl wir diese bestimmte Art der Aktion nicht endlos reproduzieren und unsere ganze Zeit auf dem Gleisschotter verbringen wollten, griffen wir im Februar 1986 noch einmal darauf zurück. Dieses Mal, um Abdelkarim Khalki zu unterstützen, der seinen großzügigen Sinn für Freundschaft und Humanität gezeigt hatte, indem er versuchte seine Kumpels, Courtois und Thiollet, während ihres Prozesses zu befreien. Er nahm das Gericht, die Jury und die Journalisten als Geisel. Nach 36 Stunden scheiterte sein Versuch dennoch, jedoch nicht bevor sie es schafften die Richter, das Rechtssystem und die Gesellschaft, live in der Hauptsendezeit des Fernsehens, zu „richten“. Jetzt war Khalki im Hungerstreik und forderte, dass der Innenminister das von ihm gegebene Versprechen einhielt, ihn im Austausch für das Aufgeben von Thiollet und Courtois, gehen zu lassen. Eines Morgens fanden tausende Pariser eine gute Ausrede, um zu spät zur Arbeit zu kommen, nachdem wir praktisch das ganze Metro-Netzwerk für mehr als eine Stunde lahm gelegt hatte, indem wir ganz einfach schwere Gegenstände auf die Gleise warfen und die elektrischen Hauptleitungen durchschnitten. Plakatierte Poster in und um die Metrostationen informierten jeden über Khalki’s Situation und seine Forderungen. Wiederum zwang diese Aktion die Presse Khalki’s Hungerstreik zu erwähnen, den sie bis zu diesem Zeitpunkt vertuschte. Selbstverständlich hielt die Regierung nie ihr Versprechen und Khalki bekam eine schwere Strafe. Wie unser Poster damals sagte: „was kann man vom Staat außer Lügen und Schläge erwarten?“
Die Reihe von Aktionen, die wir zwischen 1989 und 1990 ausführten, gründeten auf einer anderen Perspektive. Dieses Mal war es keine direkte Antwort auf eine gerade stattfindene Revolte (2), sondern eine Entscheidung, um irgendwie gegen den geplanten Bau von neuen Gefängnissen vorzugehen. Das bedeutete, dass wir selbst das Timing und die Mittel wählen konnten, die wir für angebracht hielten, ganz abgesehen von den offensichtlichen Gründen, warum einen die Aussicht auf 13.000 neu gebaute Käfige ankotzt. Wir hatten auch persönliche Gründe für unseren Ärger, da wir in den letzten Jahren permanenten Auseinandersetzungen mit der Polizei ausgesetzt wurden, welche versuchte die Cangaceiros mit so wenig wie möglichem Aufsehen zu besiegen, was uns zur ständigen Flucht zwang. Es war keine Übertreibung anzunehmen, dass diese Gefängnisse auch für uns gebaut wurden und nachdem „Angriff die beste Verteidigung“ ist, dachten wir wenn wir schon gefasst würden, dann auch für etwas sich Lohnendes. Dennoch spielte das Gefühl eines sorgenvollen Notfalls auch eine schädliche Rolle bei der ganzen Sache. Das spielende Element, notwendig für jede Art der subversiven Aktivität, neigte sich in eine neurotische Besessenheit vom erzwungen erfolgreichen Ergebnis zu verwandeln.
Der abschließende Bericht, den wir zu dieser Kampagne veröffentlicht hatten, könnte einen betrügerischen Eindruck von Leichtigkeit und Mühelosigkeit hinterlassen. Genau genommen rannten wir für mehr als ein Jahr mit unseren Köpfen gegen die (gut bewachten) Wände der Regierungsbüros, privaten Unternehmen, Baustellen und geheime Daten beherbergenden Orte, mit dem Eindruck, dass unsere Sabotage nur ein Nadelstich gegen eine monströse Maschinerie war. Damit konfrontiert war unsere erste Reaktion unsere Ziele zu überschätzen, was zu einer gefährlichen (d.h. unkontrollierten) Eskalation führen kann. Zudem neigen Langzeitpläne in Zusammenhang mit Hit-Squad Aktivitäten dazu, ihre eigene „militärische“ Logik zu entwickeln, die uns von distanzierteren und selbstkritischeren Reflektionen entfremdet und die Mittel somit den Zweck erfüllen.(3) So unhierarchisch die Gruppe auch sein mag, trotzdem hatte jeder das Gefühl die Initiative zu verlieren und es dauerte einige Zeit bis wir realisierten, dass wir eine viel effizientere und einfachere Karte ausspielen konnten, nämlich die weite Verbreitung der geheimen Pläne und Dokumente, die in unsere Hände gelangt waren. Dies war jedoch nicht nur eine Änderung der Taktik; und ich möchte einige allgemeinere Überlegungen zu diesem Thema aufwerfen.
Die erste betrifft unsere Beziehung zu den Medien. Die Art der Sabotageaktionen, die wir 1985 und 1986 ausführten, war sehr abhängig von der Medienberichterstattung. Wie sehr man die Medien auch hasst, man braucht auch ihre Aufmerksamkeit, denn was ist eine solidarische Aktion wert, wenn jene, an die sie adressiert ist, nichts davon mitbekommen? Und deshalb ergibt man sich ihrer Macht – der Macht dich zu verleumden, deine Sache übertrieben aufzublasen, um Repression zu provozieren oder dich ganz einfach nicht zu erwähnen und so unbemerkt lassen. In den Jahren 1989-1990 hatte die Presse offensichtlich die Anweisung bekommen unsere Aktivitäten auszublenden: sogar die lokalen Zeitungen, die es nie verpassen würden über einen überfahrenen Hund zu berichten, schrieben keine einzige Zeile über die Sicherheitsfirma, die wir zu Asche verbrannt hatten oder über den Gefängnisarchitekten, den wir in Paris auf offener Straße verprügelt hatten.
Mit der Verbreitung des „13.000 belles“-Dossiers stellten wir das Problem auf den Kopf. Bevor die Medien auch nur irgendwas erfuhren, waren sich schon zehntausende Menschen bewusst darüber was passierte. Wir hatten das Dossier zum Beispiel an alle Cafes der Orte, an denen neue Gefängnisse gebaut wurden, gesandt und unsere Spione vor Ort meinten, dass es in allen Bars Diskussionen nährte, die den ganzen Tag anhielten. Einer Lokalzeitung zufolge eilte eine entsetzte Pensionistin zum lokalen Gemeindeamt und fragte, ob es wahr sei, dass Gefangene durch sabotierte Gefängnismauern ausbrechen könnten. Die Beamten kopierten das Dossier, das die Frau erhalten hatte („die Kopierer waren an diesem Tag sehr beschäftigt“, schrieb ein Journalist) und es wurde an höhere Institutionen weitergeleitet. Die Journalisten waren dann gezwungen herumzueilen, um eine Kopie des Dossiers zu ergattern und so gingen an diesem Tag die Neuigkeiten ihren Weg von den Lokalzeitungen zur nationalen Presseagentur, bis ein Regierungsvertreter eine Pressekonferenz veranlasste, um die Öffentlichkeit zu den möglichen Gefahren der Enthüllung dieser Dokumente zu „beruhigen“. Und nur weil wir dieses Mal die Presse nicht als notwendiges Übertragungselement gebraucht hatten um die Öffentlichkeit zu erreichen, waren ihre Meldungen weitaus folgerichtiger und genauer als gewöhnlich – manchmal sogar lustig. Le Figaro druckte einen ganzseitigen Artikel mit dem Titel „Ausbrüche – Anleitung zur Anwendung“ in dem sie unseren ganzen Brief rezitierten und eine andere Zeitung kommentierte: „Diese Cangaceiros sind genauso romantisch wie ihre Vorfahren (d.h. die brasilianischen Sozialbanditen), aber besser organisiert.“ Ein TV-Nachrichtensprecher schlussfolgerte: „Man könnte denken das sei ein schlechter Witz, denn waren diese Personen nicht schon der Polizei bekannt?“ Dies ist die Moral zur Geschichte: Die beste Nutzung der Medien (anstatt von ihnen benutzt zu werden) ist, zu versuchen, sie zu übergehen.(4) Sie zuerst verzichtbar machen, damit sie vielleicht als gewöhnlicher Verstärker der Geschehnisse fungieren, ohne dass wir ihre Hilfe einsetzen.
Hinter der Medienproblematik liegt jedoch eine viel substanziellere Frage. Desto mehr wir danach strebten dem Gefängnisprogramm beständigen Schaden zuzufügen, desto mehr entwickelte sich das unbehagliche Gefühl, dass wir einen „eins gegen eins“ Kampf gegen den Staat führten – eine Herausforderung, die wir als solche offensichtlich verdammt waren zu verlieren. Wir waren „Die letzten Mohikaner“ in ihrem verzweifelten Angriff gegen die Bleichgesichter. Schlussendlich war es von geringerer Wichtigkeit, ob die Medien über diesen Kampf berichteten bzw. ob es Sympathie oder Verachtung in der Öffentlichkeit erzeugen würde, denn die „Öffentlichkeit“ konnte ohnehin nichts anderes als eine Öffentlichkeit von weit weg betrachtenden Zuschauern bleiben. Wir betrachteten uns nie als sich opfernde Avantgarde, dennoch fanden wir uns in eine Ecke gedrängt wieder, in der unsere „guten Absichten“ wenig Nutzen hatten. Die Option die Gefängnispläne zu verbreiten war so etwas wie ein Durchbruch der Anklang fand, nicht bei den Zuschauern, sondern bei potenziellen Komplizen, die sich in unserer Initiative finden und diese weiterführen konnten. Dies funktionierte ganz gut. Obwohl einige Gefangene sicherlich von dem Dossier wussten und begeistert darüber waren, wissen wir nicht, ob es Insassen wirklich half, um einen Weg aus dem Gefängnis zu finden (obwohl die Presse es seither, sobald es in einem dieser Gefängnisse Unruhen gab, niemals verabsäumte an jene fehlende Dokumente zu erinnern, die sich irgendwo dort draußen auf freiem Fuß befanden). Nichtsdestotrotz trug die spielerische Seite des Stehlens verbotener Dokumente bzw. des heimlichen Weiterreichens an andere sicher zur großräumigen Verbreitung bei. Sogar Leute die uns gewöhnlich nicht mochten schätzten es, dass wir dem Staat gezeigt hatten, was wir von ihm halten. Dieser schlussendliche Erfolg war auf alle Fälle auch eine Ablehnung gegen unsere frühere Perspektive, ganz abgesehen von der Freude, dass wir es durchgeführt hatten, denn letztendlich hinterließ die ganze Sache uns in völliger Erschöpfung.
Um zur entfremdenden Seite von langzeitlicher klandestiner Aktivität zurückzukommen: die Polizeistrategie gegen uns passte bemerkenswert gut auf die oben beschriebene. Wie ich bereits erwähnte, hatte es die Polizei auf ein hartes Durchgreifen ausgelegt, zusammengetragen zu einem spektakulären Schauprozess, komplettiert mit erfundenen Beweisen und es scheint, als ob sie auch versuchten uns zu infiltrieren, um uns dazu zu bringen Bomben zu legen.(5) Ihr Hauptinteresse dieser Jahre lag jedoch darin uns durch permanente Schikanen von unseren potenziellen Verbündeten zu isolieren. Im Februar 1991 folgte dem „13.000 belles“ Skandal eine mittels der Medien inszenierte Razzia in mehreren Städten, bei der 25 Menschen einvernommen und ihre Appartements durchsucht wurden. Dem Mordicus Magazin, das Teile unseres Dossiers veröffentlicht hatte, wurde mit gerichtlichen Schritten gedroht. Nachdem der französische Staat sich 1987 Action Directe entledigt hatte, suchte er nach einem neuen öffentlichen, inneren Feind und wir waren definitiv auf ihrer Liste ganz oben, um diese Rolle einzunehmen. Es ist Grundschule der Polizeipsychologie, dass desto mehr ein Individuum oder eine Gruppe vom Rest der Gesellschaft abgeschnitten ist, es/sie mit einem umso erhöhten Level an Gewalt reagiert, was es/sie wiederum weiter isolieren wird. Die Nachrichtensperre der Medien über unsere Aktionen gegen die neuen Gefängnisse hatte zweifellos dies zum Ziel und wir entblößten uns dem zugegebenermaßen. Wir dachten es sei mit einer Kritik am Terrorismus abgetan, da wir nie eine Möglichkeit verabsäumten, um unsere Verachtung für Action Directe, RAF, Brigate Rosse usw. auszudrücken und weil wir uns weigerten auf Bomben und Gewehre zurückzugreifen, „unsere Aktionsmittel sind jene der Proletarier: Sabotage und Vandalismus“. Dies verfehlte jedoch die essentielle Frage: Im Kontext von sozialer Regression kann eine Gruppe von Leuten, die ihre gewaltvolle Revolte durchsetzt und so heraussticht, einfach hervorgehoben, isoliert und auf feindliches Terrain – den Bullen in deinem Kopf – geschleppt werden. Unbewusst findet man sich darin wieder, sein eigenes Verhalten und die eigenen Gedanken nach ihnen zu formen und dies ist ihr erster Sieg.
Dieser Widerspruch präsentierte sich auch im weniger öffentlichen Teil unserer Aktivität, dem organisierten Diebstahl, „la reprise“ (das Wiederaneignen) wie es die anarchistischen Illegalisten im späten 19. Jahrhundert nannten. „Ne travaillez, jamais“: wir erachteten diesen Ausdruck niemals nur als poetischen Slogan, sondern als unmittelbares Programm. Natürlich ist auch Diebstahl in vielen Belangen eine Art der Arbeit, deren Aufteilung, Organisation und Resultate jedoch dir selbst gehören. In einem permanenten Kampf zu leben, lässt dich einige wertvolle Fähigkeiten verfeinern und letzten Endes – nur wenn du erfolgreich warst – hast du die Freude dich dem vorhergesagten Schicksal zu widersetzen. Außerdem, wie Woody Allen es in „Take the Money an Run“ ausdrückt, sind die Arbeitszeiten gut, man trifft interessante Menschen und die Bezahlung ist ordentlich. Natürlich war unser Ziel weder unsere Kohle für Sportautos, Paläste oder Champagner rauszuschmeißen (obwohl nichts falsch ist mit Luxusgütern) noch Kapital für irgendeine Businessinvestition anzuhäufen. Auch wenn wir es kollektiv geschafft hatten einen netten Betrag zu bunkern, die Frage nach der kollektiven Verwendung, die unseren sozialen Ambitionen entsprach, stellte sich noch immer. Auch weil wir mit dieser abstrakten radikalen Sprache brechen wollten, von der wir nie wussten woher sie eigentlich gekommen war, denn wir wollten aus unserer eigenen konkreten Situation als Delinquenten in dieser Welt sprechen. In dieser Hinsicht fühlten wir, wie weit entfernt wir von den alten anarchistischen Illegalisten in Spanien und anderswo waren, die Teil von nachhaltigen Gemeinschaften waren und deren Diebstähle als untrennbare Bestandteile eines anhaltenden Kampfes betrachtet werden konnten. Durruti hatte sich beleidigt gefühlt, wenn die Presse ihn einen Bösewicht nannte; er war ein Arbeiter unter anderen Arbeitern, die ihn auch als solchen erkannten.(6) Natürlich sind die Dinge jetzt völlig anders, da nahezu alle kämpfenden Gemeinschaften und soziale Traditionen zerstört wurden. Das Geld das wir uns nahmen erlaubte natürlich ein größeres Maß an Solidarität und Großzügigkeit – ohne die die Erfahrung unserer Freundin Andrea nicht möglich gewesen wäre.(7) Dennoch, wer waren wir in dieser Hinsicht, wenn nicht eine isolierte Gruppe unter isolierten Individuen? Wir hatten viele Gespräche über eine dadaistische Verwendung des Geldes, über eine Vergesellschaftung und die allgemeine Notwendigkeit des Geldes zum Thema zu machen, was allerdings zu nichts führte. Nicht das die Idee falsch war – ich bin noch immer überzeugt davon, dass jeder Versuch sich dem sozialen Zerfall zu widersetzen, sich der finanziellen Frage, in welcher Weise auch immer, stellen muss – aber ihre Anwendung bedarf einer größeren Basis als einem Dutzend Irregulärer, die sich auf der Flucht befinden.
Tatsächlich bewältigten wir nie wirklich unsere subjektiven Sehnsüchte: neben unserem Willen irgendwie zu einer neuen Welle von sozialem Dissens beizutragen – d.h. ein Ziel auf lange Sicht, gekoppelt mit einem sorgfältigen Bedenken für die angemessene Vermittlungen, gab es auch diesen groben Impuls für unmittelbare Rache, der an uns nagte. Am allerwenigsten möchte ich mich dagegen ausdrücken Rache zu nehmen, als Handlungen von spektakulärem Draufgängertum, das sich keine Gedanken über die Konsequenzen macht – dies ist ein menschliches Handeln, das keine weitere Erklärung braucht, da es im Untergrund große Wiedererkennung bewirkt.(8) Was Aktionen gegen das Gefängnis angeht, führte uns der Anblick dieser Architekten, die sorgfältig Käfige für Menschen planen, der kleinen Unternehmer, die sich die Hände reiben in der Vorstellung des Profits den sie damit erzielen werden und der Lakaien des Staates, die alles kaltherzig beaufsichtigen, oft in Versuchung zu weniger symbolischen Reaktionen. Es schien jedoch, dass wir entgegen aller Erwartungen noch nicht genug verzweifelt dafür waren.(9)
Sicherlich ließ das Leben im Alltag der 1980er Jahre in Frankreich (und Europa) wenig Platz für Optimismus, aber wir nahmen uns der Situation mit einem völligen Fatalismus an, der uns wiederum zu einem verschärften Voluntarismus ermutigte, soweit es unseren eigenen Kampf anging. Deshalb ist es bezeichnend, dass sich, obwohl wir uns niemals als Anti-Gefängnis Aktivisten sahen, alle unsere Aktionen trotzdem gegen das Gefängnis richteten, als ob jede Perspektive mittlerweile genauso starr war wie eine Gefängnismauer. Ich glaube nicht, dass wir die einzigen waren, die sich bloß über die Ebbe nach der revolutionären Flut der Sechziger und Siebziger beklagten, ohne übermäßig zu hinterfragen, ob die „radikalen“ Konzepte und Praktiken, die wir immer noch mittrugen, nicht auch für diese Situation verantwortlich gemacht werden könnten.
Insbesondere, da ich hier an Englisch sprechende Leser schreibe, weiß ich, dass diese Anmerkungen leicht von einigen Leuten als Bestätigung für ihre alte individualistische Haltung interpretiert werden können, welche a priori jede Art von kollektivem Versuch als einen „Brutplatz für hierarchische Macht“, als „Entfremdung des Individuums durch die Gruppe“ usw. abtut. Ich glaube dennoch, dass diese Art von Kritik irrelevant ist. Wohl wahr, sobald Menschen sich für ein langfristiges Ziel zusammentun besteht das Risiko, dass Machtkämpfe ausbrechen, sich spezialisierte Rollen entwickeln oder emotionale Gefühle hinter dem Schleier der „Objektivität“ unterdrückt werden – und Os Cangaceiros war davon überhaupt nicht ausgenommen. Dies ist jedoch kein Grund sich zurück zu lehnen und darauf zu warten, dass „die Revolution“ auf magische Art und Weise all diese Probleme löst: sie existieren ohnehin und sind deshalb Teil eines durch kollektive Aktivität ermöglichten Experiments, von dem man viel Nützliches lernen kann. Die eigentliche Frage ist eher, ein ausreichendes Niveau an Austausch zwischen der Gruppe und ihrem sozialen Umfeld zu erreichen bzw. zu halten; durch Scheitern neigt die Gruppe dazu einer anderen Logik zu folgen und wird so zu ihrer eigenen Bestimmtheit – eine Art von Autismus, der wiederum zwischenmenschliche Konflikte verschärft.
In all diesen Jahren waren wir sehr zwanghaft mit der Idee beschäftigt einen großen Skandal zu verursachen, etwas in der dadaistisch-surrealistisch-situationistischen Tradition; eine punktuelle und spektakuläre Tat, die den latenten Negativisimus ausdrückt, der die Gesellschaft untergräbt – und irgendwie war das Resultat von „13.000 belles“ so etwas. Jedoch erfuhren wir auch die Grenzen dieser Idee. Der hauptsächliche Fehler der meisten radikalen post-68 Agitationen war ihre Unfähigkeit bleibende Brüche in der Kohärenz der Gesellschaft zu verursachen, der geduldige Aufbau von sozialen Bünden durch verschiedenste Vermittlungen und Initiativen. Diese „radikale“ Einstellung reduzierte sich selbst zu oft auf die bloße Brandmarkung der Gesellschaft in all ihren spezifischen und begrenzten Aktivitäten, anstatt zu versuchen in innovativer Weise innerhalb eines festgelegten Terrains zu agieren. Es waren die gewöhnlichen Kommentare von außen zu stattfindenden Kämpfen (oft mit einer „wir wissen eh schon wie’s ausgehen wird“ Haltung), oder etwas weniger passiv, die „Hit-and-Run“ Aktionen, welche unfähig waren einen bleibenden dynamischen Impuls zu haben. Diese wären vielleicht zu Zeiten einer möglichen revolutionären Situation relevant („keine Zeit zu verlieren, Mai `68 oder rein gar nichts“), dies ist jedoch nicht länger der Fall. Und da die Cangaceiros nach den Grenzen solch eines Konzeptes strebten, es als totale Herausforderung lebten, fühlten wir mit einer besonderen Schärfe, dass es uns bloß in eine radikale Sackgasse geführt hatte: Einsame Seefahrer auf der wilden See.
Ich will hier keine Verbitterung aufkommen lassen. Dies war ein Abenteuer in einer Epoche, in der Abenteuer eher selten sind. Glücklicherweise endete es nicht wie das Schicksal der meisten illegalen Gruppen in einer tragischen Niederlage (und was dich nicht umbringt, macht dich stärker). Weil es aber nur ein Abenteuer war ging es nicht über den Willen seiner Protagonisten hinaus. Letztendlich war das einzige in dem die Cangaceiros übereinstimmten, dass eine solche Vereinigung nicht weiter wünschenswert war und jeder ging seinen eigenen Weg und versuchte was auch immer er aus dieser Geschichte gelernt hatte in die Praxis umzusetzen. Deswegen werde ich die Frage offen lassen, ob diese Erfahrung nur eine verspätete Erscheinung des post-68 Radikalismus war oder den Weg für etwas neues ebnete.
Leopold Roc, Mai 1995